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Begriffe erklärt

Anti-Bias

“Bias” kommt aus dem Englischen und kann mit Voreingenommenheit, Schieflage, Vorurteil oder Einseitigkeit übersetzt werden. “Anti” bedeutet im Kontext von Anti-Bias-Trainings etwas zu hinterfragen, etwas abzulegen, aktiv gegen etwas einzutreten. “Anti-Bias” heißt also das aktive Wirken gegen Schieflagen und Voreingenommenheiten. Der Anti-Bias-Ansatz ist ein Ansatz der erfahrungsorientierten Antidiskriminierungsarbeit, der in den 1980er Jahren in den USA von Louise Derman-Sparks und Carol Brunson-Philips entwickelt wurde. Inzwischen hat er Einzug in die Bildungsarbeit, in die Organisationsentwicklung, in der Sozialen Arbeit, in die Wissenschaft etc. gefunden. Im Kern geht es dabei um die Themen Vielfalt, Macht, Vorurteile, Diskrimierung/ Privilegierung und Empowerment. Hier finden Sie unsere Angebote dazu und hier einen Artikel von Eva Fleischer zur Relevanz des Anti-Bias-Ansatzes für die Soziale Arbeit.

Betzavta

Betzavta ist ein hebräisches Wort, das übersetzt “in Gemeinschaft” bedeutet. Es ist auch der Name eines pädagogischen Konzepts, das von der NGO “Adam Institute for Democracy and Peace” in Israel entwickelt wurde.Das Betzavta-Konzept zielt darauf ab, Demokratie und Frieden durch persönliches Erleben und Reflexion zu fördern. Es basiert auf der Idee, dass Demokratie nicht nur eine politische Struktur ist, sondern auch eine Haltung, die wir im Alltag einnehmen können. Das Betzavta-Konzept arbeitet mit erlebnisorientierten Methoden und interaktiven Übungen, um die Teilnehmer*innen zu befähigen, ihre eigenen Werte und Überzeugungen zu reflektieren und zu hinterfragen. Dabei geht es nicht um die Vermittlung einer richtigen Form von Demokratie, sondern um die Reflexion unterschiedlicher Demokratiemodelle mit ihren Vor- und Nachteilen.

Bildung für Nachhaltige Entwicklung

BNE ist ein anerkanntes Bildungskonzept, das die ökologische und soziale nachhaltige Entwicklung unserer Welt zum Ziel hat. BNE soll bei Menschen jeden Alters Kompetenzen wie kritisches Denken, Verantwortungsbewusstsein gegenüber Natur und Mitmenschen, Erkennen von Zusammenhängen, Kooperationsfähigkeit, Handlungsorientierung etc. fördern und soll Antworten auf die Fragen des 21. Jahrhunderts geben. BNE hat seine Wurzeln in der Umweltbildung, ist im österreichischen Lehrplan als pädagogisches Prinzip verankert, wird auf Universitäten und Hochschulen gelehrt und auf UN-Ebene weltweit unterstützt. Die UNESCO versteht unter BNE einen lebenslangen Lernprozess, der eine ganzheitliche und transformative Bildung, die die Lerninhalte und -ergebnisse, Pädagogik und die Lernumgebung berücksichtigt.

Diskriminierung

Diskriminierung wird als Ungleichbehandlung von Gruppen oder Einzelnen als Angehörige von Gruppen in vergleichbaren Situationen bzw. als Gleichbehandlung trotz unterschiedlicher Voraussetzungen aus unangemessenen Gründen verstanden. Dies kann in der persönlichen Begegnung, auf der strukturellen Ebene, zB durch Hausordnungen, aber auch auf der gesellschaftlichen Ebene, zB durch die Darstellung von Gruppen in den Medien geschehen. Mit unseren Angeboten zu Gender Mainstreaming, machtkritischem Diversity Management oder zur Anti-Bias-Arbeit können Sie sich aktiv gegen Diskriminierung einsetzen.

Diversität / Diversity

Diversität bedeutet Vielfalt und thematisiert individuelle, soziale und strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Menschen und Gruppen. Dabei handelt es sich vorwiegend um gesellschaftlich gesetzte Unterschiede wie Alter, Hautfarbe, Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierungen, Behinderungen und Beeinträchtigungen. Diese Differenzlinien werden gesellschaftlich hergestellt, sie wirken in sozialen Interaktionen und bei der Verteilung von Macht und Chancen in unserer Gesellschaft (zB beim Zugang zu Bildung, Mitbestimmung, Rechten, Geld, Wahlrecht etc.).

Diversity Management

Wir arbeiten mit einem machtkritischen Diversity Management Ansatz, dieser unterscheidet sich von anderen Ansätzen des Diversity Managements dadurch, dass er sich explizit mit der Analyse und Veränderung von Macht- und Dominanzverhältnissen innerhalb von Organisationen auseinandersetzt. Während andere Ansätze sich eher auf die Förderung der Diversität durch eine diverse Belegschaft konzentrieren, geht es beim machtkritischen Diversity Management darum, Beteiligungsrechte, Teilhabe und Zugehörigkeiten in den Blick zu nehmen. Machtkritisches Diversity Management kann zB im Personalmanagement (Einstellungsverfahren, Arbeitsbewertung, Entlohnung, Verfahren im Umgang mit interner Diskriminierung), in Aufgabenfeldern wie Marketing und Kommunikation oder bei internen und externen Leistungen umgesetzt werden. Ausgangspunkt sind die Menschenrechte mit der Anerkennung, dass Menschen einerseits fundamental verschieden sind und daraus folgend unterschiedlich verletzlich, andererseits aber gleichzeitig grundlegend gleich an Rechten und Würde. Machtkritisches Diversity Management ist immer auch Diskriminierungsschutz mit dem Ziel, Zugangsmöglichkeiten, Ausschlüsse und Barrieren abzubauen. Hier finden Sie unser Angebot dazu.

Empowerment

Empowerment ist ein Begriff, der nur mit Umschreibungen ins Deutsche übersetzbar ist. Seine Herkunft ist stark mit sozialen Bewegungen verknüpft und meint in diesem Zusammenhang die Selbstermächtigung von Menschen, die von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind. Menschen werden aktiv und verlassen eine Position von Ohnmacht, solidarisieren sich und treten für ihre Rechte ein. Das Ziel ist Selbstbestimmung in der Gestaltung des eigenen Lebens zu erlangen, z. B. durch Selbsthilfe, die Gründung von Initiativen und Projekten, aber auch durch gesetzliche Initiativen. In der psychosozialen Arbeit wird Empowerment als Haltung von professionellen Personen gefordert, damit soll im Hilfeprozess die Selbstbestimmung der Menschen mit Unterstützungsbedarf gestärkt werden. Sie sollen so befähigt werden, ihr Leben selbst zu gestalten. Dies kann auf individueller, institutioneller oder auch gesellschaftlicher Ebene geschehen, z. B. in der Stadtteilarbeit. Wesentlich ist dabei, Machtprozesse in der professionellen Beziehung zu reflektieren und Macht abzugeben (Powersharing).

Gender Mainstreaming

Gender-Mainstreaming ist ein Konzept zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit in allen Lebensbereichen. Es bezieht sich auf die Integration der Geschlechterperspektive in politische, soziale und wirtschaftliche Entscheidungen sowie auf die gleichberechtigte Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen von Frauen und Männern. Das Ziel des Gender-Mainstreaming ist es, die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern zu fördern und Diskriminierung zu vermeiden. In der EU-weiten Gender-Mainstreaming-Praxis wurde eine Reihe von Instrumenten und Tools als Unterstützung für die Implementierung von Gender Mainstreaming adaptiert und entwickelt. Gender-Mainstreaming-Implementierungsprozesse erfordern zu Beginn eine Ist-Analyse in Bezug auf Genderaspekte in der Organisation. Anschließend werden konkrete Ziele formuliert und umgesetzt. Zentral ist das Zusammenwirken von Bewusstseinsbildung durch Genderkompetenztrainings und struktureller Verankerung in der jeweiligen Organisation. Hier finden Sie unser Angebot im Bereich Gender Mainstreaming.

Geschlecht / Gender

Geschlecht hat vielfältige Dimensionen, die in der deutschen Sprache nur unzulänglich ausgedrückt werden können. Deshalb haben sich englische Begriffe verbreitet. Hier ist erstens der Begriff “Sex” zu nennen, dieser beschreibt die biologisch definierten Merkmale eines Körpers (auch biologisches Geschlecht) wie Chromosomen und innere / äußere Geschlechtsorgane. In der Wissenschaft wird mittlerweile von einem biologischen Spektrum der Geschlechter mit vielfältigen Variationen und Kombinationen dieser Merkmale ausgegangen, wobei zB intergeschlechtliche Personen als eine Position innerhalb dieses Spektrums eingeordnet werden. Diese Realität findet auch ihren Ausdruck in gesetzlichen Regelungen, zB im Personenstandsrecht. Zweitens wird der Begriff “Gender” (auch soziales Geschlecht) verwendet. “Gender” bezieht sich auf die individuelle Praxis gegenüber gesellschaftlich gegebenen Regeln, Erwartungen, Positionen und Identifikationsangeboten, die einen Geschlechterbezug haben, wie zB Kleidung oder Konfliktverhalten. Hier ist auch noch zwischen Geschlechtsidentität zB als Frau, als nicht-binäre Person und Geschlechtsausdruck, d. h. wie ich mich kleide und bewege, sowie Geschlechterrollen (“typisch” weibliches bzw. männliches Rollenverhalten zB bei der Hausarbeit) zu unterscheiden, da Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechterrollenverhalten nicht ident sein müssen. “Gender” berührt aber auch die Beziehung zwischen den Geschlechtern und die Muster, wie die soziale Praxis in Organisationen und Staaten geregelt wird, zB bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz oder über die geschlechtsspezifische Berufswahl und Karrierechancen, hier dazu unser Angebot. Der dritte Begriff “Desire” bezieht sich auf sexuelles Begehren und sexuelle Aktivitäten. Zu den vielfältigen Dimensionen von Geschlecht und deren Relevanz für Organisationen finden Sie hier unser Angebot.

Geschlechtergerechte Sprache / Diskriminierungsfreie Sprache

Hauptziel beim geschlechtergerechten Sprachgebrauch ist, einerseits Frauen und geschlechtliche Vielfalt sichtbar zu machen, andererseits sexistischen Sprachgebrauch durch abwertende Ausdrücke und Aussagen zu vermeiden. Eine zentrale Argumentation zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch bezieht sich auf das sogenannte „generische Maskulinum“, dies bedeutet, dass im Deutschen bei männlichen Bezeichnungen, wie z. B. Student Studentinnen automatisch mitgemeint wären. Hierzu gibt es eine Reihe von Studien, die das Gegenteil belegen. Wenn Sie Frauen mitmeinen, heißt das nicht, dass dies beim Gegenüber auch so ankommt (vgl. Stefanowitsch 2015). Über die Einteilung in zwei Geschlechter (weiblich bzw. männlich) hinaus, besteht für Menschen mit nicht-eindeutiger geschlechtlicher Zuordnung seit 1. 1. 2019 in Österreich die Möglichkeit, die Eintragung in Urkunden und im Personenstandsregister als „divers“, “inter”, “offen” oder “kein Eintrag” vorzunehmen. In der Sprache wird diese Erweiterung des Geschlechterspektrums durch den Gender-Gap (Student_innen), Gender-Doppelpunkt (Student:innen), Gender-Sternchen (Student*innen), abgebildet. Wir haben uns für den Gender-Stern entschieden, da dieser aus der Sicht von Betroffenen die Kriterien für Barrierefreiheit am besten erfüllt, hier dazu die entsprechende Studie. Diskriminierungsfreie Sprache betrifft aber nicht nur das Thema Geschlecht, sprachliche Diskriminierung kann auch aufgrund von anderen Differenzlinien wie ethnische Herkunft, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung geschehen. Diskriminierungsfreie und geschlechtergerechte Sprache kann durchaus lesbar sein, hier dazu unser Angebot.

Global Citizenship Education

Global Citizenship Education (GCED) ist ein Bildungsansatz mit Wurzeln im Globalen Lernen, in der Friedenserziehung, „interkulturellen“ Bildung, Menschenrechtsbildung, politischen Bildung, Umweltbildung, etc.. Er basiert auf den Grundsatzdokumenten der UNO (wie zB der Deklaration der Menschenrechte 1948, Recommendation for International Understanding, 1974) und wurde von der UNESCO im Jahr 2013 zu einer ihrer pädagogischen Leitlinien erhoben. GCED ist seit 2015 in den Sustainable Development Goals (SDGs) unter dem SDG 4 „Hochwertige Bildung“ verankert: GCED ist politische Bildung im globalen Maßstab und globalen Bezugrahmen. Sie vermittelt Wissen und Fähigkeiten, um globale Herausforderungen wie soziale Ungleichheit, Klimakrise, kolonialistische Wirtschaftstrukturen etc. zu verstehen und ihnen aktiv zu begegnen.Die UNESCO betont drei konzeptionelle pädagogische Dimensionen von GCED: 1. Die kognitive Dimension (Wissen und Verstehen von lokalen, nationalen und globalen Zusammenhängen, kritisches Denken), 2. die sozio-emotionale Dimension (sich zu einer globalen, menschlichen Gemeinschaft zugehörig zu fühlen, Empathie, Respekt) und 3. die Dimension das eigene Verhalten betreffend (verantwortungsbewusst im Sinne einer besseren, gerechteren und nachhaltigeren Welt zu handeln). Hier finden Sie unsere Angebote zu Global Citizenship Education.

Globaler Süden - Globaler Norden

In den Sozialwissenschaften und in Global Citizenship Education wird mit Globaler Süden eine im globalen System benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position beschrieben. Globaler Norden hingegen bestimmt eine mit Vorteilen bedachte privilegierte Position. Die Einteilung ist ein Versuch, unterschiedliche Positionen in globalen Machtverhältnissen zu beschreiben, ohne dabei wertende Bezeichnungen wie “Dritte Welt”, “Entwicklungsländer” zu benützen. Die unterschiedlichen Positionen sind eine Folge von unterschiedlichen Erfahrungen mit Kolonialismus, Rassismus und Ausbeutung – einmal als Profitierende und einmal als Ausgebeutete.
Die Einteilung in Nord und Süd wird einerseits geografisch gedacht: Zum Globalen Norden werden zB Nordamerika, Europa, Austrialien, Japan, Südkorea, Singapur, Taiwan oder Israel gezählt, während dem Globale Süden viele Länder Lateinamerikas, Afrikas und Südasiens zugeordnet werden (können). Andererseits hängt die Position auch mit Machtverhältnissen innerhalb von Ländern zusammen: Australien gehört beispielsweise genau wie Österreich mehrheitlich dem Globalen Norden an, aber es gibt in beiden Ländern auch Menschen, die Teil des Globalen Südens sind, zB Aboriginal Australians oder geflüchtete Personen hier in Europa. Andersherum gibt es auch in Ländern, die mehrheitlich dem Globalen Süden angehören, Menschen, die die Privilegien des Globalen Nordens genießen, zum Beispiel europäische Siedler*innen in afrikanischen Ländern oder weiße Südafrikaner*innen.

Intersektionalität

Intersektionalität meint, dass die Kreuzung (Intersection) mehrerer Zuordnungen zu Gruppen (Differenzlinien) die individuelle gesellschaftliche Positioniertheit bestimmt. Damit kann jede Person durch mehrere Differenzlinien charakterisiert werden, z.B. als weiße, muslimische, lesbische Akademikerin in prekären Arbeitsverhältnissen in einer eingetragenen Partnerschaft mit Versorgungspflichten für Kinder. Aus der Perspektive der Intersektionalität ergibt sich die gesellschaftliche Positioniertheit einer Person nicht durch einfache Addition/Subtraktion von einzelnen Diskriminierungen/Privilegierungen. Rassismus, Sexismus, Klassismus, Ableism (Behindertenfeindlichkeit) und andere Herrschaftsverhältnisse überschneiden sich meist. Ein genaues Hinsehen auf komplexe Zusammenhänge ist gefordert, da diese Differenzen kontext- und zeitabhängig sind (zB Staatsangehörigkeit, Alter).

Kulturalisierung

Bei der Kulturalisierung wird “Kultur” als einzige Erklärung für Konflikte, Handlungen, Alltagspraxen, Verhaltensweisen benützt. Häufig wird dabei der Kulturbegriff mit Nationalstaaten oder Religionszugehörigkeit verknüpft und Menschen werden zB auf ihre – angebliche – „türkische Kultur“ festgeschrieben. Menschen werden dabei nicht in ihrer Vielfältigkeit wahrgenommen sondern nur auf ihre (vermeintliche oder tatsächliche) “kulturelle Zugehörigkeit” reduziert. Durch Kulturalisierungen werden die Zweiteilung der Gesellschaft in Zugehörige („Wir“) und Nicht-Zugehörige („die Anderen“) verstärkt und Zuschreibungen, ungleiche Machtverhältnisse, Vorurteile und Stereotypen reproduziert.

Nachhaltigkeit

Der Begriff Nachhaltigkeit wurde erstmals von Hans Carl von Carlowitz im Jahr 1713 für die Wald- und Forstwirtschaft genannt. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Begriff vor allem in der Umwelt- und Entwicklungspolitik etabliert, wird aber aktuell vielseitig benutzt. Im Brundtland-Bericht (1987) der UNO wird Nachhaltigkeit als Entwicklung genannt, dh. die auf die Gegenwart und die Zukunft ausgerichtet ist. Nachhaltigkeit kann als “eine Form des ökologischen und ökonomischen Handelns verstanden werden, die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen vergleichbare oder bessere Lebensbedingungen sichern soll, indem das dazu notwendige Element sorgsame Anwendung findet und entsprechend geschützt wird. Im Zentrum der Nachhaltigkeit stehen ökologische, soziale und ökonomische Aspekte” (Lexikon der Nachhaltigkeit). Es gibt unterschiedliche Nachhaltigkeitsmodelle, Nachhaltigkeit kann als normatives Leitbild, aber auch als Handlungsappell verstanden werden. Nachhaltigkeit ist in der Agenda 2030 und in den Sustainable Development Goals auch als Zusammenspiel von Ökologie, Sozialem und Ökonomie zu verstehen.

Othering

Der Literaturwissenschafter Edward Said hat in den 1970er-Jahren mit dem Konzept des Othering sichtbar gemacht, wie Menschen immer wieder zu “den Fremden” gemacht werden, um gleichzeitig ein „Wir“ zu konstruieren. Diese Praxis wird in Medien, Literatur, Bildung etc. und im täglichen Alltag ständig wiederholt und basiert darauf, dass “die Anderen” sehr einheitlich, unambivalent dargestellt werden (zB Sind die „Fremden“ wild, so sind „wir“ rational.) Dieser Praxis liegt die Annahme zu Grunde, dass sich Menschen, Gemeinschaften, Gesellschaften etc. durch bestimmte Merkmale, ihre Lebensformen, “Kultur” etc. erheblich und grundsätzlich von dem Eigenen unterscheiden.

Partizipation

Partizipation im Sinne der Teilhabe von Betroffenen, Akteur*innen an Entscheidungen wird in der Sozialen Arbeit, aber auch in Gemeinwesen mittlerweile immer mehr als wünschenswert erachtet, allerdings ist diese je nach Lebenssituationen der Zielgruppen unterschiedlich umsetzbar. Es geht darum, die adäquate Form zu finden und sensibel für Machtverhältnisse in Partizipationsprozessen zu sein. Ein hilfreiches Modell zur Charakterisierung des Ausmaßes an Partizipation ist die Partizipationspyramide von Gaby Straßburger und Judith Rieger, die unterschiedliche Stufen der Partizipation beschreibt. Partizipative Forschung und Entwicklung heißt, dass im Idealfall Beteiligte und Betroffene, wie zB Adressat*innen, Nachbar*innen, Mitarbeiter*innen, Angehörige, Leitungspersonen am gesamten Forschungs- und Entwicklungsprozess beteiligt werden, wobei die Beteiligung auch Entscheidungsmacht umfassen sollte. Dies bedeutet, dass Beteiligte und Betroffene über bloße Information und die Möglichkeit zu Stellungnahmen, die als Vorstufen der Partizipation bezeichnet werden, an relevanten Entscheidungen mitwirken, zum Beispiel Fragestellungen und Forschungsziele mitentwickeln, Auswahlentscheidungen für Methoden treffen, Feedback zu entwickelten Produkten geben. Aber auch jenseits von Forschung und Entwicklung kann Partizipation durch zu einer Demokratisierung des Alltags in Organisationen und Gemeinwesen führen.

Privilegierung

Privilegierung bedeutet vor allem einen bevorzugten Zugang zu Ressourcen, dies können z. B. Bildung, Geld, Netzwerke sein. Gesellschaftliche Institutionen arbeiten im Sinne des eigenen Kollektivs, indem zB rechtliche Regelungen auf die Bedürfnisse dieser Gruppe zugeschnitten sind. Als Angehörige*r einer privilegierten Gruppe kann ich die eigenen Werte als universell ansehen und mich der sozialen Norm zugehörig fühlen. Die eigene Positition wird als natürlich gegeben oder als Resultat eigener Leistung gesehen, damit bleiben die sozialen Prozesse hinter der Privilegierung den Privilegierten oft unbewusst.

Rassismus

Rassismus bedeutet, dass Einzelpersonen oder Gruppen von Menschen aufgrund der ihnen zugeschriebenen biologischen und/oder kulturellen, auch religiösen Merkmale und/oder der ihnen zugeschriebenen Herkunft benachteiligt werden. Diese Unterschiede werden als „biologische/genetisch“, „ethnisch“ oder „kulturell“ festgeschrieben, hierarchisiert und mit sozialer Bedeutung aufgeladen und bewertet.
Rassismus findet – wie andere Diskriminierungsformen – auf verschiedenen Ebenen statt: Auf institutioneller, struktureller und auf individueller-interpersonaler Ebene. Rassismus ist ein seit Jahrhunderten vor allem im Globalen Norden verankertes gesellschaftliches Instrument, das Macht ungleich zwischen Menschen verteilt. Rassismus, der in der Denkweise, in Gesetzen, Normen, staatlichen Regeln verankert ist, sichert weißen Menschen soziale, wirtschaftliche sowie politische Privilegien und eine machtvollere Position in der Gesellschaft. Es wird ein „Wir“ gegen „die Anderen“ geschaffen, wobei „die Anderen“ abgewertet bzw. herabgewürdigt werden. Die Benachteiligung betrifft Denk- und Redeweisen, Einstellungen ebenso wie Handlungen oder den Zugang zu Ressourcen wie Bildung, Arbeit, Gesundheitssystem, Sozialleistungen, öffentliche Güter, Macht und zu gesellschaftlichen bzw. politischen Teilhabemöglichkeiten. Außerdem zeigt sich Rassismus in Mikroaggressionen im Alltag bis hin zu rassistischen Übergriffen, Gewalt und Massenvernichtungen.

SDGs (Sustainable Development Goals - Nachhaltige Entwicklungsziele der UNO)

Die UNO hat im September 2015 die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen verabschiedet. Diese haben die Transformation und die nachhaltige Entwicklung unserer Welt als Ziel. Erstmals werden Ökologie, Soziales und Wirtschaft zusammengedacht. Außerden wird nun auch der Globale Norden im Sinne einer nachhaltigen, globalen Entwicklung aktiv in die Pflicht genommen.
Die 17 Ziele umfassen folgende Bereiche: Frieden, Bekämpfung von Armut, Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft, Klimawandel, Wasser und Hygiene, Bildung, Gleichstellung der Geschlechter, Gesundheit, nachhaltige Produktion und Wirtschafswachstum, die Stärkung von Partnerschaften zur Erreichung der Ziele etc. Alle UN-Mitgliedsstaaten sollen die Ziele bis 2030 umsetzen, die Umsetzung ist aber freiwilllig. Die Bildungsansätze Global Citizenship Education und Bildung für Nachhaltige Entwicklung werden im SDG 4 (Hochwertige Bildung) hervorgehoben. Hier finden Sie unser Angebot zu diesem Thema.

Service Design Thinking

Service Design Thinking ist ein ko-kreativer, strukturierter Prozess, der die „konsequente Kund*innenperspektive“ bei der Gestaltung von Dienstleistungen und Services als Grundlage hat. Auf reale Herausforderungen (Klimakrise, soziale Ungleichheit etc.) werden dabei reale Lösungen erarbeitet: Service Design Thinking passiert innerhalb und außerhalb von Workshops, lädt zum Designen von Services in einem fehlerfreundlichen Raum ein und macht Menschen zu kreativen Gestalter*innen, die Prozesse visualisieren, sichtbar und greifbar machen. Die regelmäßige Feedbackkultur ermöglicht, dass Innovation im Dienstleistungsbereich gelingen kann. Wichtig ist die Erkundung des “Problemraumes” und des “Lösungsraumes”: Ein Weiten des Blickes, der Ideen und das Konkretisieren, um fassbare Lösungen zu erhalten, wechseln sich in diesem Prozess ab. Die Kompetenzen der Beteiligten im Bereich Selbstwirksamkeit, Kollaboration, Problemlösung, Kreativität, Teamarbeit, Empathie und Kritikfähigkeit werden in diesem Ansatz gestärkt. Hier finden Sie unser Angebot zu diesem Thema.

Service User Involvement / Nutzer*innenbeteiligung

Das Konzept “Service User Involvement” ist vor allem in Großbritannien, Australien, Singapur und den nordischen Ländern ein verbreiteter Ansatz in der Sozialen Arbeit mit unterschiedlichen Facetten. Menschen, die von sozialen Diensten betroffen sind, weil sie sie selbst in Anspruch nehmen, aber auch Angehörige und Selbsthilfegruppen und Interessensvertretungen sollen stärker in Entscheidungsfindungen im Rahmen Sozialer Arbeit eingebunden werden. Die Art der Beteiligung (auch oft unter den Stichwörtern “Partizipation” oder “Empowerment” diskutiert) kann unterschiedlich aussehen. Dies kann eine verstärkte Anhörung von Nutzer*innen (hier wird auch zunehmend der Begriff “Experts of lived experience” verwendet, um auch jene miteinzubeziehen, die keine sozialen Dienste in Anspruch nehmen) bedeuten, um ihnen mehr Mitsprache in ihrem Leben zu ermöglichen. Umfassender sind Ansätze, bei denen gezielt Verbindungen zu Selbsthilfegruppen und Interessensvertretungen von Nutzer*innen hergestellt werden, um zB Programme neu zu entwickeln oder bei denen (ehemalige) Nutzer*innen in die Soziale Arbeit als Peer-Berater*innen in Organisationen oder als Lehrende in die Ausbildung eingebunden werden.

Sozialer Wandel / Social Change

Sozialer Wandel betrifft eine Vielfalt von Lebensbereichen: Wie wir arbeiten, wie wir unsere privaten Beziehungen gestalten, mit wem wir zusammenleben, welche Normen und Regeln in einer Gesellschaft gelten, wie Institutionen ihre Angebote und Abläufe gestalten, wie wir Demokratie leben, wie wir mit unseren Lebensgrundlagen umgehen. Gesellschaften unterliegen einem beständigen Wandel, sie entwickeln sich, sie sind in Bewegung. Darüber, wo es hingeht bzw. hingehen soll, gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze und Zielvorstellungen. Theorien des Sozialen Wandels beschäftigen sich mit den Ursachen und den Folgen dieses Wandels. Dabei gibt es verschiedene Zugänge, manche betonen den Aspekt der Modernisierung, die sich zB in Zweckrationalität und Fortschrittsglauben, aber auch Individualisierung äußert, andere richten ihr Augenmerk auf privatwirtschaftliche Prozesse oder auf Faktoren wie geschichtliche Ereignisse, Kultur und Politik, die die gesellschaftliche Entwicklung einzelner Länder und Regionen bestimmen. Modelle des Sozialen Wandels wie Postindustrielle Gesellschaft, Risikogesellschaft, Multikulturelle Gesellschaft sind in diesem Zusammenhang wichtige Konzepte. Hier finden Sie unseren Grundsatztext dazu.

Stereotypen

Stereotypen sind verallgemeinernde Aussagen über Gruppen: “Alle Frauen sind…”. Fremdgruppen – “die Anderen” – werden homogen wahrgenommen, die Eigengruppe – “wir” – hingegen differenziert. Wenn in einem Restaurant kein Tisch mehr frei ist und wir uns zu anderen an den Tisch setzen sollen, läuft in unserem Denken in Sekundenschnelle ein Prozess ab, der die Grundlage der Entscheidung ist, welche Person wir ansprechen und fragen, ob bei ihr oder ihm noch ein Platz frei ist. Grundlage für diese Entscheidung ist die Zuordnung der Menschen im Raum entlang von Merkmalen. Wir sehen Menschen, ihr Geschlecht, ihre Hautfarbe, ihre Kleidung und ordnen sie anhand dieser Merkmale zu Gruppen zu. Diese Zuordnung erfolgt entlang der Muster, die wir gelernt haben, diese Muster geben uns Orientierung, gerade dadurch, dass dies automatisch abläuft, wir nicht nachdenken müssen. Alle Menschen brauchen Stereotype, weil sie sonst die Welt in ihrer Komplexität mit den vielen Informationen, die auf uns einströmen, nicht verarbeiten könnten. Damit helfen Stereotypen als Filter und Orientierungshilfe. Eines dieser Muster, nachdem gefiltert wird, ist die Einteilung der Welt in Vertrautes und Fremdes oder auch in die Gruppe der „Eigenen“ und in die Gruppe der „Anderen“.

Theater for Living

Theater for Living ist eine Theaterform, die von dem kanadischen Theaterregisseur und Autor David Diamond entwickelt wurde. Es ist eine interaktive, partizipative Form des Theaters, bei der das Publikum aktiv in die Handlung und die Themen des Stücks eingebunden wird. Im Theater for Living geht es darum, gesellschaftliche Probleme und Konflikte aufzugreifen und sie durch Theater und Performance erlebbar zu machen. Das Publikum wird aufgefordert, in die Rolle der Akteur*innen zu schlüpfen, um die Perspektiven und Motivationen aller Beteiligten besser zu verstehen. Die Zuschauer*innen betrachten dabei nicht nur passiv die Handlung auf der Bühne, sondern gestalten aktiv die Handlung. Sie können die Geschichte und den Verlauf des Stücks mitbestimmen, indem sie eigene Ideen und Lösungsansätze einbringen und diese gemeinsam mit den Schauspieler*innen ausprobieren. Theater for Living wird oft in sozialen Kontexten eingesetzt, z.B. in Schulen, Gemeinden oder Organisationen, um komplexe gesellschaftliche Themen wie Diskriminierung, Rassismus, Armut oder Umweltprobleme aufzugreifen.

Themenzentrierte Interaktion

Die Themenzentrierte Interaktion (TZI) ist ein pädagogisches Konzept, das von der deutsch-amerikanischen Psychologin Ruth C. Cohn entwickelt wurde. Es basiert auf der Idee, dass ein effektiver Lernprozess von der Art und Weise abhängt, wie Menschen miteinander interagieren und wie sie ihre eigenen Ziele mit den Zielen der Gruppe in Einklang bringen können.Die TZI zielt darauf ab, Lern- und Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass sie auf den Bedürfnissen der Teilnehmer*innen basieren und auf ihre individuellen Stärken und Interessen eingehen. Die TZI arbeitet mit drei zentralen Dimensionen: der Ich-Du-Wir-Beziehung, dem Thema und dem (lokalen und globalen) Kontext. Diese drei Dimensionen werden in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander betrachtet und gestaltet.

Transkulturalität

Transkulturalität ist ein Konzept, das davon ausgeht, dass “Kulturen” nicht homogen, in sich abgeschlossen sind, sondern dass sie sich gegenseitig vermischen und durchdringen. Der Begriff verabschiedet einen alten, starren Kulturbegriff und setzt den Fokus dabei auf das Prozesshafte, die Veränderbarkeit und auch Gestaltbarkeit von Kultur. Außerdem ermutigt der Begriff Transkulturalität, Annahmen über Kultur stets zu hinterfragen und über kulturelle Differenz hinauszudenken.

Vorurteile

Vorurteile sind Stereotypen, die mit Emotionen und Bewertungen besetzt sind. Die Urteile können sich auf Verhaltensweisen, Gewohnheiten, Fähigkeiten oder Erwartungen gegenüber anderen beziehen. Jemand als „anders“, nicht „zu uns“ gehörig zu bezeichnen, dient oft dazu, Menschen abzuwerten und auszugrenzen. Und hier wird unsere automatisierte Zuordnung problematisch. Da Vorurteile auf dem Boden gesellschaftlicher Verhältnisse wachsen, sind sie zwar oft unbewusst, aber auch keine bloße Privatsache oder ein individuelles Fehlverhalten, denn sie schlagen sich auch in Gesetzen, Institutionen nieder und stützen so die gesellschaftliche Ungleichheit. Ein Beispiel dafür ist das Apartheidsregime in Südafrika, indem u. a. der Ausschluss der „Nicht-Weißen“ aus dem höheren Bildungssystem mit ihrer Bildungsunfähigkeit begründet wurde. Vorurteile in Verbindung mit einer gesellschaftlich privilegierten Position und der Handlungsmacht in einer konkreten Situation können zu Abwertungen und damit zu Diskriminierung führen, wobei diese sowohl bewusst wie auch unbewusst ausgeübt werden kann. In Organisationen können Vorurteile zB bei Stellenbesetzungen, in der Teamarbeit oder im Kontakt mit Nutzer*innen oder Kund*innen wirksam werden. Durch Anti-Bias-Arbeit können Vorurteile bewusst gemacht und alternative Handlungsweisen entwickelt werden. Hier finden Sie unser Angebot dazu. Vorurteile sind aber auch die Basis für “Stammtischparolen”, dazu bieten wir ein spezifisches Argumentations-Training an.